Projektarbeit

2. Denkmalschutz

2.1 Geschichte des Herrenhauses Gut Kaisersruh

Das Haus Kaisersruh ist ein repräsentativer Wohnsitz im ländlichen Bereich, der im frühen 19. Jahrhundert im Stil des Klassizismus errichtet wurde. An der Rückseite ist nach 1900 ein neobarocker Anbau angefügt worden. Ein zugehöriger Landschaftsgarten ist nahezu vollständig untergegangen. Vom Garten blieb nur ein schwer beschädigter Wandbrunnen an der Rückseite des benachbarten Gehöftes.
Hinter dem Herrenhaus stand separat eine sogenannte Remise, ein Wirtschaftsgebäude für Fahrzeuge und andere Materialien. Dieses gehörte schon ursprünglich zum Herrenhaus hinzu; nach 1900 ist sie verändert worden. Südlich neben dem Herrenhaus Kaisersruh steht ein Vierseitenbauernhof. Es erscheint denkbar, dass zwischen beiden Gebäuden ein historischer Zusammenhang besteht.
Eines der wichtigsten Kartenwerke des 19. Jahrhunderts im Rheinland ist die Kartenaufnahme von Tranchot und von Müffling (1805/1807). Dieses stellt das Wohnhaus Kaisersruh noch nicht dar. Eingezeichnet ist dafür der südlich benachbarte, noch heute bestehende Vierseitenhof, der als Mauenhof benannt ist.
Die Kartenaufnahme von Luck aus dem Jahre 1846 zeigt bereits mehrere einzelne Bauten an der Stelle von Haus Kaisersruh, ist in den Details allerdings unpräzise.
Deutlicher wird dann die preußische Landesaufnahme aus dem Jahre 1895 (verbessert 1910). Hier ist das Haupthaus Kaisersruh mit einem Anbau dargestellt, außerdem die Remise. Die Errichtung des Wohnhauses Kaisersruh ist somit zwischen 1805 und 1846 anzusetzen, also in der Epoche des Klassizismus.
Der benachbarte Bauernhof hat seit nach der Karte von Tranchot die Bezeichnung Mauenhof. Es ist denkbar, dass das Herrenhaus dem Hof hinzugefügt worden ist. Die unmittelbare Nähe zum Mauenhof ist ein Indiz für solch eine Entstehungsgeschichte, und es gibt vergleichbare Fälle in der Umgebung von Aachen. Im Jahre 1818 fand in Aachen ein europäischer Monarchenkongress statt. Bei dieser Gelegenheit war der russische Zar Alexander I. zu Gast bei Freiherr Ludwig von Fisenne im Herrenhaus am Mauenhof, das seither den Namen Kaisersruh trägt. 1897 erwarb die Familie Nellesen das Anwesen und ließ es 1904/1905 erweitern.
Die zur Aachener Straße ausgerichtete Schauseite des Wohnhauses Kaisersruh ist dreigeschossig mit drei Fensterachsen gestaltet. Die mittlere Fensterachse war als Risalit mit einem Dreieckgiebel ausgebildet, letzterer stürzte jedoch 1999 ein.
Die Schmalseiten des Hauses sind zweiachsig gegliedert, hier wie an der Hauptfassade gibt es Lisenenrahmungen. Zwischen dem mit Putzbändern verzierten Erdgeschoss und den oberen Geschossen ist ein umlaufendes Gesims eingefügt.
Ursprünglich trug das Haus ein Walmdach mit Belvedere. Vor dem in der Fassadenmitte angeordneten Haupteingang steht ein Portikus über dorischen Säulen mit einem Balkon darüber, der von Eisengittern eingefasst ist. An der Südseite besteht ein schmaler Anbau, der deutlich hinter der Flucht der Straßenfassade liegt.
Von den wertvollen Innenausstattung des Gebäudes blieb nichts erhalten.
Der 1904/1905 errichtete, neobarocke Anbau an der West-, zugleich Rückseite des Herrenhauses entstand über einem mehrteiligen Grundriss mit einem polygonalen Erker, der zur Remise ausgerichtet ist. Die architektonische Gestaltung des Anbaus hebt sich vom klassizistischen Haupthauses deutlich ab, denn die dem Barock entlehnten Formen sind reicher; die Fenster des Erdgeschosses schließen mit runden Formen, die Fenster des Obergeschosses sind über den Fensterstürzen mit Stuckbögen und Rankenornamenten dekoriert. Es gibt kein drittes Geschoss (wie beim Haupthaus), sondern ein ausgemauertes Mansarddach oberhalb des ersten Obergeschoss. Der Bänderputz vom Erdgeschoss des Haupthauses sowie das Gesims darüber sind motivisch auch um den Anbau herumgeführt worden.
Da im Mai 1999 der Dachstuhl einstürzte und damit fast alle Decken und einen Teil der Außenfassade mitriss, steht dieses Gebäude nur noch unter einen heruntergesetzten Denkmalschutz.

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2.2 Begründung des Denkmalwertes

Das Herrenhaus Kaisersruh ist ein bedeutendes Bauwerk des Klassizismus.
Es hat eine baugeschichtliche Bedeutung nicht nur für Würselen, sondern auch für das Umland und die Stadt Aachen. Bauten des Klassizismus sind im Unterschied zu den gründerzeitlichen Denkmälern des späten Historismus selten. Ihre architektonische Bedeutung kommt Denkmälern des Barock sehr nahe. Darum besteht für das Herrenhaus Kaisersruh trotz seiner schweren Zerstörungen weithin Denkmalwert. Der neobarocke Anbau aus der Zeit nach der Jahrhundertwende ist gleichwertig in den Denkmalwert eingeschlossen. Er ist Zeugnis einer angepassten Erweiterung, die den Hauptbau respektierte, ohne den Geschmack in der eigenen Zeit zu verleugnen. Das Herrenhaus Kaisersruh ist außerdem bedeutend für die Ortsgeschichte, denn es bezeugt die Entwicklung des Bauens im ländlichen Bereich, wie sie sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts noch in traditionellen Bahnen bewegte. Haus Kaisersruh wurde einer einzeln stehenden Hofanlage zugefügt und ist heute eine markante Ortsmarke am Eingang der Stadt Würselen (derzeit von trauriger Gestalt). Das Objekt hat sich der kulturellen Identität der Region tief eingeprägt.

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2.3 Beschreibung der heute noch denkmalwerten Substanz

Die Fassaden des klassizistischen Haupthauses mit ihren spezifischen Gliederungen und dem vorgelagertem Portikus. Hier ist die Dachlandschaft nach Möglichkeit wiederherzustellen. Der schmale südliche Anbau ist zu erhalten, sofern dieses statisch möglich ist; er kann an seiner Westseite für einen modernen Anbau geöffnet, bzw. verändert werden. Die Innenräume des Haupthauses sind nahezu vollständig zerstört. Der historische Anbau aus der Zeit nach der Jahrhundertwende besteht noch aus einem polygonalen Erker sowie seiner Nordfassade mit innen liegender Raumflucht, welche über beide Geschosse reicht. Im übrigen Bestehen zur Süd- und zur Westseite so weitgehende Zerstörungen mit schweren Schäden in der Binnenstruktur, dass es im Sinne des Denkmalschutzes gerechtfertigt ist, hier einen modernen Anbau einzuschieben und an die historische Bausubstanz anzubinden, um dem schwer beschädigten Objekt die Chance einer Rettung zu geben.

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2.4 Kopie der unteren Denkmalbehörde

Original Skizze der noch zu erhaltenden Substanz des Denkmalschutzes

(Kopie der Originalskizze der unteren Denkmalbehörde vom 4.Juli 1992)